Etappe 2021/12 [0270]
Prima Porta - Sacrofano - Nepi - Attigliano
94 km    
1350 Hm (garmin edge 1000)

 

 

Mit dem Fahrrad von Catania über Palermo und Neapel nach Rimini. Radtour durch Italien.
 
 
Mit
Je nachdem, wo im Internet man unterwegs ist, findet man für den Eurovelo 7 nördlich von Rom die unterschiedlichsten Routenführungen. Wir versuchen daher gar nicht erst, irgendeinem beschilderten Routenvorschlag zu folgen, sondern fahren unsere eigene vorbereitete Route. Dieses Vorgehen verhindert zwar keine kleineren Katastrophen, aber man weiß wenigstens, warum. Anfangs ist das Gelände recht flach, dach in Sacrofano ändert sich dies schlagartig. 
 
Mit
In Sacrofano biegen wir von der Strade Provinciale 10a nach Norden ab auf die Via Castelnnuovo di Porto. Un die hat es in sich: ein Anstieg von etwa 50 Höhenmetern auf gefühlten 200 Metern länge ist knackig. Und dabei ist dies auf einigen Karten tatsächlich Teil des Eurovelo 7. Vorsicht: das Steilstück ist zum Großteil als Einbahnstraße beschildert, was aber nicht bedeutet, dass die Autos hier nur in einer Richtung unterwegs sind.
 
Mit
Am Vormittag kommen wir an Calcata Veccia vorbei. Das Dorf wurde zur Römerzeit gegründet und hat eine seltsam anmutende Geschichte. Der zweite Teil der Geschichte geht so: Das Dorf war von seinen Einwohnern verlassen und stand über Jahre leer. Dann wurde es ab 1960 von Künstlern, Aussteigern und Kreativen wiederentdeckt und mit neuem Leben gefüllt. Soweit klar. Jeder, der in Zeiten von Homeoffice und remote working jetzt mit dem Gedanken spielt, dorthin umzusiedeln, sollte aber auch den ersten Teil der Geschichte zu Kenntnis nehmen. Das Dorf ist auf einem Felsen aus Tuffstein errichtet und wurde 1930 von seinen Anwohnern wegen der Gefahr eines Felssturzes verlassen und nebenan auf sicherem Boden das Dorf Calcata Nuova gegründet. Die Gefahr des Felssturzes ist in der Zwischenzeit nicht behoben sondern vergessen worden.   
 

Mit
Nochmal zurück zu Calcata Veccio. Seit 1557 gab es in der Dorfkirche eine kleine aber bedeutende Reliquie zu bewundern: nicht weniger als die Vorhaut von Jesus. Die Vorhaut wird als einziges Körperteil betrachtet, das nicht in den Himmel aufgefahren ist - weil es ja vorher abgeschnitten wurde. Der Vatikan hat die Reliquie als solche anerkannt und Calcata stand auf der Liste der angesagten Pilger-Destinationen ganz weit oben. Jedes Jahr am 1. Januar gab es in Calcata zum kirchlichen Festtag der Beschneidung Jesu eine Prozession, bei der die Reliquie aus der Kirche geholt und durch das Dorf getragen wurde. Der erst Januar ergibt sich aus dem Lukas-Evangelium, wo geschrieben steht, dass der Knabe am achten Tag beschnitten und auf den Namen Jesus getauft wurde.
Im Lauf der Jahre war dem Vatikan das Thema dann aber nicht mehr so ganz angenehm, selbst der Festtag am 1. Januar ist in den Hintergrund getreten, nun wird an diesem Tag Maria in den Vordergrund gerückt. Das Thema wurde derart unangenehm, dass die Oberste Heilige Kongregation im Jahr 1900 ein Dekret erlassen hat, in dem unter Androhung der Exkommunikation verboten wurde, ohne päpstliche Erlaubnis über das Sanctum Praeputium zu sprechen und zu schreiben. 
Dann kam der 1. Januar 1983, an dem der Pfarrer Dario Magnoni die Prozession kurzfristig absagen musste, da die Reliquie verschwunden sei. Angeblich sei die Vorhaut aus seiner Wohnung, wo er sie auf Geheiß des Vatikan aufbewahrte hatte, gestohlen. Über den Verbleib der Reliquie wird seitdem viel spekuliert, nicht wenige vermuten den Vatikan selbst als treibende Kraft hinter dem Verschwinden. Der modernen, aufgeklärten Gesellschaft war ein solcher Rummel um ein Stück Vorhaut nur schwer zu vermitteln. Auch wissenschaftliche Entwicklungen wie die Gen-Analyse und das Klonen von Schaffen fallen in dies Zeit, könnten den Vatikan beunruhigt haben. Fest steht: der Zipfel ist bis heute nicht wieder aufgetaucht.  

 
Mit
Gegen Mittag fahren wir durch Nepi, bekannt für sein 285m langes und fast 20m hohes Aqueduct. Das nach antiken Vorbildern konstruierte und 1727 fertiggestellte Bauwerk hatte die Aufgabe, die Stadt Nepi mit Trinkwasser aus den umliegenden Quellen zu versorgen. Was mit dem Aqueduct auch gut funktioniert hat. Wie bei heutigen Großprojekten auch, liefen die Bauzeit (25 Jahre) und die Kosten aus dem Ruder, im Unterschied zu heutigen Bauprojekten funktioniert die Infrastruktur auch nach fast 300 Jahren fehlerfrei: Noch heute werden die Brunnen der Stadt über die Wasserleitung gespeist. 
 
Mit
Am Abend fahren wir versehentlich noch einen kleinen Umweg über Soriano nel Cimino, was uns nochmal auf eine Höhe von über 400m führt. Danach rollen wir bergab nach Attigliano, was unterhalb von 50m Hlhe liegt. Attigliano hat eine Autobahnzufahrt, mehrere Hotels und nach längerem Suchen haben wir auch ein gutes Restaurant gefunden.